Zauberella und das verbotene Haus (Serie)

Episode 7 - Die Prophezeiung

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Nach dem erschreckenden Erlebnis, mit der dunklen Gestalt, saß Zauberella immer noch zitternd auf dem Boden. Sie schaute den Baum fragend an. Was meinte er mit: „Es hat begonnen?“ Quietscher surrte hektisch in der Luft herum. Zauberellas Worte hatten ihn beunruhigt. Und, dass der sonst so gemütliche braune Riese mit einem Male selbst hektisch wurde, verunsicherte den kleinen Funken noch mehr. „Es ist Zeit, kleine Fee!“, sagte der Baum hastig. Doch Zauberella fiel ihm wie gewöhnlich ins Wort: „Zeit? Wofür?“

„Zeit, dich auf den Weg zu machen!“, kam die Antwort kurz und knapp. Auf einmal konnte sich der gemächliche Blattträger mit der eindrucksvollen Stimme also kurz fassen, dachte sich Zauberella. Lustig war nur - egal ob der neunmalkluge Baum viele oder wenige Worte benutzte – sie verstand ihn nicht! „Auf den Weg? Wohin denn?“, fragte sie verwirrt. Der Baum überlegte und fing mal wieder an mit sich selbst zu sprechen. „Es gibt noch so vieles, das sie wissen sollte, bevor sie den Weg der Prophezeiung beschreitet!“, sprach er eilig mit sich selbst, „Anscheinend ist sie tatsächlich die Fee der leuchtenden Aureole. Der kleine Pilz hatte also recht. Sie ist mit ihr verbunden. Aber wie kann das sein? Wenn sie doch für immer fort ist?“

Und schon war es mal wieder soweit. Fragen über Fragen. Sogar wenn der Baum schnell redete, sprach er in Rätseln. Zauberella verstand nur Feenstaub und wurde wieder zappelig. „Was für eine Prophezeiung?“, rief sie genervt. Der Baum hörte auf mit sich selbst zu reden. Nun war er damit beschäftigt zu überlegen, ob er sich nicht doch besser heraushalten sollte. Aber es blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken. Der Waldriese stand unter Druck und so missachtete er schließlich das Gesetz der Bäume und fügte sich seinem Schicksaal. Er fasste den Entschluss, sich dieses Mal nicht herauszuhalten und der kleinen Fee zu helfen. „Die Prophezeiung ist fast so alt wie der Dunkelwald selbst“, erklärte er, „Die Aureole gewährte damals dem Zauberer einen Blick in die Zukunft. Er sah eine fehlgeleitete Wunschfee, die das Ende der Dunkelheit herbeiführte. Deshalb sprechen alle von der Fee der leuchtenden Aureole. Aber der Traumläufer weiß mehr darüber. Er war es, der die Prophezeiung damals zu den Bewohnern des Dunkelwaldes brachte. Nacht für Nacht zeigte er ihnen im Traum, was geschehen würde.“

 

Dann stockte der Baum. Nur ganz kurz. Aber Zauberella sah ihm an, dass er etwas verschwieg. Er stoppte, um irgendetwas nicht aussprechen zu müssen. Doch sie spürte auch, dass es keinen Sinn gehabt hätte, nachzufragen. Also tat sie so, als wäre dem Baum die Vertuschung gelungen.

Etwas unbeholfen fuhr der braune Riese fort: „Auch wenn die Prophezeiung heute für viele nur noch ein Kindermärchen ist, glauben wir Bäume daran. Und jetzt scheint es tatsächlich zu geschehen! Denn eines der sieben Vorzeichen der Prophezeiung ist die Rückkehr des dunklen Zauberers.“

Bei den Worten des Baumes wurde Zauberella plötzlich nervös. Denn sie hatte sofort das Bild der dunklen Gestalt vor Augen. Sie erinnerte sich an das grässliche Kreischen und an die vielen Feen, die so tapfer und doch vergebens gekämpft hatten. Sollte sie wirklich die Fee aus der Prophezeiung sein, dann müsste sie gegen den dunklen Zauberer antreten. „Rückkehr?“, entfuhr es Zauberella entsetzt. Zauberellas Gedanken kreisten: „Wie konnte das sein?  Wie alt musste der dunkle Zauberer sein, wenn er immer noch am Leben war? Und wie sollte sie – so klein und zierlich – einem solch mächtigen Gegner die Stirn bieten?“

Zauberella stand wie angewurzelt vor dem hölzernen Riesen. Ihr war warm und kalt zur gleichen Zeit. Dann riss sie plötzlich ihren Zeigefinger in die Luft. Mit verkniffenem Gesicht zeigte sie auf den Baum. „Moment mal“, rief sie, „Das ist alles nur ein Trick oder? Das ist der Dunkelwald, der mich täuschen will, nicht wahr?“

Der Baum schaute Zauberella besorgt an. „Ich wünschte es wäre so, kleine Fee. Du bist noch so jung und unschuldig. So eine schwere Bürde solltest du nicht tragen dürfen. Aber nun ist es nicht mehr zu ändern. Die Aureole hat sich entschieden! Du musst dich jetzt beeilen! Das ist deine einzige Chance! Flieg los und finde das letzte Einhorn - solange es noch der Dunkelheit trotzt. Weiter kann ich dir im Moment nicht helfen.“

Zauberella war sprachlos. Das konnte doch alles nicht wirklich passieren! Sie wollte nur die Wunschzauberei erlernen, mehr nicht. Nur deswegen war sie losgezogen. Und jetzt soll sie die Fee der leuchtenden Aureole sein? Nicht mal einen einfachen Wunschzauber kann sie sprechen. Wie soll sie dann gegen die Dunkelheit antreten? Sollte die mächtige Kraft in ihr der Schlüssel sein? Doch was nutzt ihr diese Kraft, wenn sie sie nicht kontrollieren kann? Außerdem war sie sich nicht einmal sicher, ob sie diese Kraft überhaupt haben wollte. Besser Zaubern können? Ja, auf jeden Fall! Mächtige Megakraft, die unkontrollierbar ist? Nein, schönen Dank auch!

 

In diesem Moment wollte sie einfach nur wieder die quirlige kleine Fee aus dem Feenland sein, deren größte Sorge die nächste Zauberprüfung gewesen wäre. Da fiel ihr etwas auf: „Oh, oh, Moment. Vorhin meintest du, die Bäume halten sich aus allem heraus, nicht wahr? Und jetzt plötzlich hilfst du mir doch?“, fragte sie fast schon erleichtert; denn sie dachte, damit den Baum überführt zu haben und, dass doch alles irgendwie ein Schwindel sei. Doch der Baum beugte sich zu Zauberella hinunter, um mit ihr Auge in Auge zu stehen. „Ich werde denselben Fehler wie damals nicht noch einmal begehen, kleine Fee“, antwortete er, „Wenn die Zeit gekommen ist, werden die Bäume an deiner Seite stehen.“ Dann richtete sich der stämmige Riese wieder auf und grollte in seiner gewohnten Art: „Doch jetzt beeil dich endlich! Bevor es zu spät ist!“ Danach erstarrte er wieder zu einem gewöhnlichen Baum.

„Nein, nein, nein, nein!“, rief Zauberella und klopfte hastig an der Baumrinde, „Hallo! Wach sofort wieder auf!“ Dann war es plötzlich still. Zauberella verstummte. Sie stand da und bewegte sich keinen Millimeter mehr. Quietscher wusste nicht was los war und surrte besorgt um die kleine Fee herum. Mit einem Mal schrie Zauberella los. Quietscher erschreckte sich dermaßen, dass er hektisch fliehen wollte. So hektisch, dass er selbst gegen den Baum prallte und zu Boden viel.

„Warte mal!“, rief die kleine Fee jetzt aufgebracht und klopfte wieder eilig an der Rinde: „Hey! Was heißt hier fehlgeleitete Wunschfee? Hallo! Aufwachen! Was heißt denn hier bitte fehlgeleitet?“ Das Wort fehlgeleitet störte die kleine Fee so sehr, dass die Panik verflogen war. „Jetzt tu mal nicht so, als ob du mich nicht hören würdest!“ Eingeschnappt fing sie an zu plappern: „Das kann doch wohl nicht wahr sein! Die ältesten der Feen verzocken die Aureole und erschaffen den größten Bösewicht, den das Feenland je gesehen hat, aber die Prophezeiung nennt mich fehlgeleitet, oder wie?“, schnaufte sie hastig und fuchtelte mahnend mit ihrem kleinen Zeigefinger in der Luft herum. „Was erlaubt sich diese Aureole eigentlich?! Na mit der werde ich noch ein Hühnchen rupfen! Ich soll hier meine Flügel hinhalten und die Dunkelheit bekämpfen und werde als fehlgeleitet beschimpft? Ich glaube wohl mein Feenstab zwitschert!“ Doch egal, wie viel Zauberella auch fluchte und schimpfte wie ein Kesselflicker, der Baum regte sich nicht mehr. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als mit geballten Fäustchen und hoch rotem Kopf, wackelnd und schnaufend, der Prophezeiung zu folgen.

Autor: Jens Pätz

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