Zauberella und das verbotene Haus (Serie)
Episode 1 - Die Wunschzauberei
Es lebte einst eine kleine gute Fee namens Zauberella in einem Feenwald mitten im wunderschönen Feenland. Zauberella liebte den Feenwald. Jeden Morgen sauste sie los, so schnell ihre kleinen Flügelchen sie trugen. Sie war schnell und wendig. Mit einem lauten Lachen schoss sie in die Höhe und drehte sich dabei so schnell sie konnte. Dann ließ sie sich fallen. Die Flügel flatterten im Zugwind. Erst kurz vor dem Waldboden fing sie sich ab und sauste weiter. Sie flog vorbei an den Wackelkäfern und Schnatterschwalben, bis über den großen Fluss, wo die Singfische trällerten. Jedem wünschte sie einen wunderschönen guten Morgen. Ein freundliches lächeln und winken, und schon war sie wieder weg. Denn heute hatte sie es eilig. Heute sollte der erste Tag an ihrer neuen Schule sein.
Noch vor kurzem ging sie auf die Feenschule für Allgemeinzauber. Doch wenn die kleinen Feen alt genug sind, müssen sie eine Feenschule nach ihren Begabungen wählen. Zauberella entschied sich für die Schule der Wunschfeen. Denn für die kleine Fee gab es noch nie etwas schöneres, als anderen eine Freude zu machen. Sie trug ihr Herz schon seit jeher am rechten Fleck. Zauberella war immer schon außergewöhnlich gut im Zaubern. Und obwohl es in ihrer Natur lag, gutes zu tun, musste die kleine Fee schon am ersten Tag feststellen, dass Wunschzauber nicht so leicht zu beherrschen waren.
Bereits in den ersten Stunden an ihrer neuen Schule verpatzte sie einen Wunschzauber nach dem Nächsten. Je mehr sie zauberte, desto mehr stellte sich heraus, dass Zaubersprüche für einen selbst offensichtlich leichter zu erlernen waren, als Zaubersprüche die selbstlos anderen helfen oder Freude schenken sollten. Die Wunschzauber wollten der kleinen Fee partout nicht gelingen.
Nach einigen Tagen wusste Zauberella nicht mehr weiter und bat ihre Freunde um Rat. Alle machten ihr natürlich sofort Mut, dass es besser werden würde und Gut Ding Weile haben will. Aber ihrem besten Freund Lavia tat Zauberella so leid, dass er auf eine gar dumme Idee kam, die die kleine Fee noch in große Schwierigkeiten bringen sollte.
Er erzählte Zauberella, dass er mitgehört habe, wie sich die höheren Schüler über ein geheimes Haus unterhielten. Dieses Haus solle gut versteckt tief im Feenwald verborgen sein. Findet und betritt man es, solle man schneller und besser zaubern lernen, als jeder andere Schüler.
Zauberella horchte auf: „Es gibt ein Haus, in dem man schneller zaubern lernt?“ Die kleine Fee tippelte aufgeregt hin und her. „Aber, wo ist es? Wie kann ich es finden?“ Fragte Zauberella. Lavia war froh Zauberella wieder lachen zu sehen. Doch gab es da einen Haken. „ Nach dem, was die Älteren erzählen, ist das Haus böse und gefährlich gewesen.“ Erzählte Lavia weiter. „Deshalb wurde das Haus vor langer Zeit von den Ältesten der Feen mit einem Bann belegt und getarnt, auf dass niemand es jemals wieder betreten solle. Seit dem spricht man nur noch im Verborgenen über dieses Haus.“
Zauberella hörte, was Lavia erzählte, doch es schien ihr nichts auszumachen. Sie wollte dieses Haus unbedingt finden. Aber Lavia war sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob es wirklich richtig gewesen war, Zauberella von diesem Haus erzählt zu haben.
„Es ist schön, dich wieder lachen zu sehen, Zauberella.“ sagte er. „ Aber ich weiß nicht, ob das wirklich so eine gute Idee ist, zu dem Haus zu gehen. Es wurde doch bestimmt nicht umsonst mit einem Bann belegt! Bitte versprich mir, dass du vergisst, was ich dir erzählt habe. Das war wirklich dumm von mir.“
Zauberella konnte Lavia ansehen, dass es ihm ernst damit war. Enttäuscht ließ sie die Flügel hängen und versprach Lavia, nicht nach dem Haus zu suchen. Doch sie dachte trotzdem darüber nach. In ihrer Vorstellung malte sie sich aus, wie das Haus ihr helfen würde, die schönsten Wünsche mit einem einfachen Schwung ihres Feenstabes zu erfüllen. Alle würden sich über die erfüllten Wünsche freuen und ihre Eltern und Lehrer wären stolz auf die kleine Fee. Doch dann dachte sie wieder an Lavia's Worte und verwarf ihre Gedanken. Sie beschloss, vorerst es aus eigener Kraft zu schaffen.
Sie lernte tüchtiger als je zuvor. Wenn ein Zauber nicht klappte, wiederholte sie ihn wieder und wieder. Sie versuchte immer wieder Wünsche zu erfüllen, doch das ging meist nach hinten los.
Einfache Zauber, wie das Färben von Haar- und Augenfarbe oder das Wechseln von Kleidern, stellten die kleine Fee nicht vor große Herausforderungen - im Gegenteil. Sie zauberte sich täglich neue Kleider, anders farbige Flügel, die schönsten Haar- und Augenfarben. Es waren die wichtigen Zauber und das Erfüllen von Wünschen, was einfach nicht gelingen wollte. Und so suchte Zauberella etwas, dass ihr die Kraft geben sollte, besser zu werden.
Schon seit langem wusste sie, dass sich Lavia einen knallroten Zauberhut wünschte. Und weil Lavia ihr bester Freund war, packte sie der Ehrgeiz und sie versuchte diesen Wunsch auf Biegen und Brechen zu erfüllen. Immer wieder schwang sie ihren Feenstab und sprach: „Lavia's Hut ist schön und gut. Doch wünscht er sich 'nen roten Hut, der auf seinem Haupte ruht. Ich wünsch ihm diesen Hut herbei - in Obhut meiner Zauberei!“ Doch es passierte nichts.
Lavia selbst hatte etwas Angst vor Zauberella's Zauberversuchen. Doch das konnte er ihr natürlich nicht sagen. Bei jedem Schwung ihres Feenstabes zuckte er zusammen. Als Zauberella das bemerkte wurde sie wütend: „Hast du etwa Angst vor meiner Zauberei?“ fragte sie verärgert. „Nein, nein.“ wehrte Lavia sofort ab und brauchte jetzt schnell eine Notlüge. Und die ließ auch nicht lange auf sich warten: „Natürlich nicht! Ich erschreck mich nur immer, weil du so hektisch mit dem Feenstab wedelst.“ flunkerte er. Als sich Zauberella dann beruhigt umdrehte, atmete er erleichtert aus.
Aber dann schwang Zauberella schon wieder ihren Feenstab und Lavia war sofort wieder angespannt. Mit Lavia's Worten im Kopf, versuchte es Zauberella dieses mal aber langsam an- zugehen. In völliger Ruhe bewegte sie ihren Feenstab und sprach den Zauberspruch. Plötzlich glitzerte es in der Luft und es begann um Lavia's Kopf herum zu funkeln. Lavia machte große Augen und ein ängstliches Gesicht. Als Zauberella das sah, unterbrach sie den Zauber und rief: „Du hast ja doch Angst!“ Aber zu einer Antwort kam es nicht. Denn im selben Moment gab es einen hellen Lichtblitz und mit einem metallischen Scheppern plumpste Lavia plötzlich ein knallroter Eimer auf den Kopf. „Aua.“ hörte man dumpf aus dem Inneren des Eimers und der kleinen Fee tat es vom Fleck weg leid. „Oh je!“ sagte sie, flog zu Lavia und zog ihm den Eimer vom Kopf.
Aber Lavia ging es gut. Er war nur etwas durcheinander. Dass er jetzt einen Eimer anstelle eines Zauberhutes auf dem Kopf hatte, fand Lavia nicht so schlimm. Doch das der Eimer gefüllt war mit Froschwasser, machte das Ganze schon etwas unangenehm. Und so stand Lavia nun klitschnass und nach Teichrosen duftend vor Zauberella. Trotzdem lächelte er sie an: „Danke für den Versuch.“ Sagte er. „Aber weißt du was? Ich habe die Magie gespürt. Übe nur fleißig weiter und du wirst es schaffen! Ich glaube an dich!“
Das hätte er wohl besser nicht gesagt. Denn es vergingen einige Tage, Wochen und gar Monate, aber Zauberella’s Fähigkeiten wurden nur sehr langsam besser. Und so rannte Lavia sehr oft klitsch- nass und nach Teichrosen duftend mit einem knallroten Eimer auf dem Kopf durch die Gegend.
Der Herbst hielt Einzug im Feenland, als Zauberella schließlich ihre erste wichtige Prüfung gerade Mal knapper Not bestand. Die kleine Fee war sehr traurig und ärgerte sich gleichzeitig über ihre eigene Unfähigkeit Wunschzauber zu erlernen. Sie dachte wieder an das verbotene Haus und, dass sie ja wenigstens mal einen Blick in das Haus wagen könnte. Durch ein Fenster vielleicht? Das konnte doch nicht so schlimm sein.
Und so geschah es, dass sich die kleine Fee doch noch auf den unheilbringenden Weg tief in den Feenwald machen sollte ... Fortsetzung folgt!
Autor: Jens Pätz