Die Kiste der Vergangenheit (1/2)

Teil 1 von 2 - So schnell kann's gehen

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Holzkiste aus der Kindergeschichte Die Kiste der Vergangenheit von Jens Pätz auf schlummerienchen.de

Gar nicht weit entfernt, im Kinderzimmer von Jamal, lebt der kleine Gummiball Flumino. Jamal spielt fast jeden Tag mit dem kleinen Gummiball. Er lässt ihn gegen die Wände prallen und fängt ihn wieder auf. Manchmal wirft er ihn auch, so doll er kann, auf den Boden. Von dort springt der kleine Ball bis an die Decke und wieder zurück.

Man könnte schon fast an Wunder glauben, dass dabei noch nichts zu Bruch gegangen ist. Doch mit Wundern hat das nichts zu tun. Damit nichts kaputt geht, lenkt der kleine Gummiball seine Flugbahnen sorgfältig um jeden Gegenstand herum. Lange Zeit ging das gut. Bis eines Tages … ach Moment. Dazu kommen wir später. Erst erzähle ich euch von der Kiste.

In Jamals Zimmer gibt es eine Kiste. Sie ist aus dünnem Holz gefertigt und steht hoch oben auf dem höchsten Schrank, damit Jamal nicht heran kommt. In dieser Kiste liegen viele Spielzeuge, die Jamal entweder nicht mehr haben wollte oder nicht mehr haben sollte. Die Spielsachen in Jamals Zimmer fürchten diese Kiste. Sie nennen sie: Die Kiste der Vergangenheit.

Niemand will in dieser Kiste landen. Denn jeder der dort bisher gelandet ist, wurde nie wieder gesehen.

Erst vor zwei Tagen ist Fluminos größter Rivale Philluppo in dieser Kiste gelandet. Ein Tischtennisschläger, an dem mit einem Gummiband ein kleiner Gummiball befestigt war. Jamal spielte sehr gerne mit Philluppo. Er tingelte den Ball immer wieder in die Luft und dann zurück auf den Schläger. Das wurde Jamal einfach nie langweilig – was Flumino gar nicht gefiel. „Wie konnte Jamal nur immer mit Philluppo spielen“, dachte er sich, „Wo ich doch die ganze Zeit hier liege und warte!“

Doch vor zwei Tagen war es dann soweit. Jamal schleuderte den Ball in die Luft. Er passte dabei nicht richtig auf und auch für Philluppo ging alles viel zu schnell. So prallte der kleine Ball statt gegen den Tischtennisschläger, gegen Jamals Kopf. Sofort fing Jamal an zu schreien. Kein Wunder – das tat ja auch riesig weh. Und dann kam es, wie es kommen musste. Wie immer kamen Jamals Eltern angelaufen und verbannten Philluppo in die Kiste der Vergangenheit.

Von da an hatte Flumino keinen Rivalen mehr. Irgendwie tat ihm Philluppo leid. Aber gleichzeitig freute er sich auch, dass er jetzt mehr Zeit mit Jamal verbringen würde.  Ein schlechtes Gewissen hatte Flumino nicht. Warum auch? „Selbst schuld!“, dachte er, „Warum hatte Philluppo auch nicht aufgepasst?“ Flumino war sich sicher, er würde Jamal niemals wehtun.

Die anderen Spielzeuge trauerten um Philluppo. „Er war immer so lustig“, sagte der kleine Bagger. „Und freundlich war er auch“, fügte Jamals Kuschelhase hinzu. „Ja, das stimmt!“, nickten die anderen Spielzeuge traurig. Nur Flumino wollte davon nichts wissen. „Ach hört doch auf!“, mischte er sich unverhohlen ein, „Philluppo hat Jamal weh getan! Das hätte er einfach nicht tun dürfen! Und Ende der Geschichte!“

Da meldete sich Jamals Lieblings Spielzeugfigur Bing-Man, ein strahlender Held mit Umhang, zu Wort: „Was stimmt nicht mir dir?“, fragte er, „Hast du gar kein Mitleid mit dem armen Philluppo? Er hat Jamal doch nicht mit Absicht weh getan! Also ist er auch kein Bösewicht!“

Flumino verdrehte die Augen. „Ach Bösewicht … du nun wieder!“, antwortete er patzig. Es kam ihm so vor, als gönnten ihm die anderen Spielzeuge die Zeit mit Jamal nicht. „Mir wird das nie passieren! Ihr seid doch nur neidisch, dass Jamal viel lieber mit mir spielt, als mit euch.“, sagte er und verschränkte die Arme.

„So ein Unsinn. Das kann dir auch passieren.“, belehrte Bing-Man den kleinen Gummiball, „Was ist wenn Jamal dich irgendwann nicht mehr will? Quak-Quak die Kuschelente ist auch einfach so in der Kiste der Vergangenheit gelandet. Dafür hat Jamal jetzt den Kuschelhasen.“ Bei diesen Worten wurden die Augen des Kuschelhasen ganz groß. Wahrscheinlich dachte er daran, dass er der Nächste sein könnte und zog sich nervös an den langen Hasenohren. Bing-Man fiel das gar nicht weiter auf und er redete weiter: „Und? Konnte der arme Quak-Quak da irgendetwas dafür? Nein! Wir müssen etwas gegen diese Kiste unternehmen!“, forderte er alle auf. Die Spielzeuge nickten. Aber Flumino wusste, dass die Spielsachen zu feige waren, um jemals wirklich etwas zu unternehmen. Und so legte sich die Unruhe nach einer Weile und das Leben ging weiter.

Was vor zwei Tagen war, war schnell vergessen und heute hat Jamal Geburtstag. Er bekommt viele Geschenke. Unter Anderem einen neuen und größeren Gummiball. Jamal strahlt über das ganze Gesicht. Als Flumino das sieht, wird er ganz starr vor Angst.

Den ganzen Tag spielt Jamal mit dem neuen Gummiball, der wie Flumino findet sehr eingebildet und unhöflich ist. „Nicht einmal vorgestellt hat er sich! So eine Frechheit!“, denkt Flumino und versucht die anderen Spielsachen gegen den neuen Spielgefährten aufzuwiegeln.

Als er gerade dabei ist die Spielzeugautos auf seine Seite zu ziehen, grinst Bing-Man ihn an: „Na, geht dir der Gummi auf Grundeis?“, lacht er. „Ach das hat damit doch gar nichts zu tun“, antwortet der kleine Gummiball nervös. Er ist immer noch sichtlich aufgeregt. Da schnappt Jamal plötzlich nach ihm, um mit ihm zu spielen.

Lachend wirft Jamal ihn an die Wand. Doch dieses Mal ist Flumino zu nervös. Der kleine Gummiball freut sich, das Jamal wieder mit ihm spielt, aber gleichzeitig geht alles so schnell. Er schafft es nicht rechtzeitig seine Flugbahn um die Nachttischlampe herum zu lenken. Und so prallt Flumino ungünstig an ihr ab. Die Lampe geht mit einem lauten Krach zu Bruch, während Flumino gegen Jamals Kopf knallt. „Das war’s!“, denkt er noch, „Darauf steht die Höchststrafe!“ Und schon stehen Jamals Eltern in der Tür. Ehe der kleine Gummiball sich versieht, landet er in der Kiste der Vergangenheit.

Autor: Jens Pätz

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