Die Wolken Kinder

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Einschlafgeschichte - Die Wolken Kinder - auf schlummerienchen.de - Autor: Jens Pätz - Cover Bild

Es waren einst zwei Kinder, die lebten in den Wolken. Genauer gesagt waren es zwei Mädchen und jedes Mädchen lebte auf seiner eigenen Wolke. Die Wolken waren nicht weit voneinander entfernt. So konnten die Mädchen miteinander sprechen und herumalbern. Berühren konnten sie sich jedoch nicht.

Oft spielten sie Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst. Dabei musste ein Mädchen erraten, was das Andere in einer Wolke sah. Das konnte sehr abenteuerlich werden und machte den Beiden einen riesen Spaß.

Einmal sah eine Wolke aus wie ein großer Drache mit breiten Flügeln. Gleich dahinter folgte eine etwas komisch geformte Wolke. Doch mit etwas Fantasie konnten die Beiden dann ein magisches Einhorn erkennen. Es bäumte sich auf und hatte die Hufe weit nach oben gestreckt.

Wenn die Ratespiele dann doch zu langweilig wurden, musste mehr Bewegung her. Dann tanzten sie Stunden lang oder alberten herum und machten lustige Verrenkungen. So lustig, dass sie beim Lachen kaum noch Luft holen konnten. Doch beim Toben mussten sie behutsam sein – denn die Wolken waren klein. „Pass auf!“ rief eines der Mädchen plötzlich und das andere blieb erschrocken stehen. Beinahe hätte sie einen Schritt zu viel gemacht und wäre heruntergefallen. Doch es ist mal wieder gut gegangen.

Wenn dann der Abend kam, kuschelten sich die Mädchen auf ihren Wolken ein – jede für sich. Sie hatten ein Buch mit Gute Nacht Geschichten und einen Kuschelbären. Diese zwei Sachen mussten sie sich teilen.

Jeden Abend las eines der beiden Mädchen dem anderen eine Geschichte vor. So konnte ein Mädchen wunderbar einschlafen. Das andere aber nicht. Dafür gab es den Kuschelbären. Damit konnte sich dann auch das andere Mädchen in den Schlaf kuscheln.

Damit sie sich abwechseln konnten, warfen die Mädchen jeden Abend das Buch und den Bären von einer Wolke zur anderen. Dabei mussten sie aber vorsichtig sein, denn wenn sie nicht richtig treffen würden, wären die Sachen für immer weg.

Oft schauten die zwei Wolken Kinder träumend - aber vorsichtig, auf die Erde herab. Sie lugten ganz knapp über den Rand ihrer Wolke, damit sie auch ja Niemand von unten entdecken konnte. Dort unten brachten Eltern ihre Kinder ins Bett. Mit großen Augen schauten die beiden Wolken Kinder dabei zu.

Die Erdenkinder kuschelten sich gemeinsam mit ihren Eltern oder Großeltern ein. Dann wurde ihnen eine Gute Nacht Geschichte vorgelesen. Es gab viele Gute Nacht Geschichten, aber am liebsten hatten die Wolken Kinder die Geschichte von der kleinen Maus, die mutig genug war, um über ihren Schatten zu springen.

Wenn die Geschichte zu Ende war, gab es noch einen Kuss auf die Stirn und die Eltern sagten: „Jetzt wird aber ganz schnell geschlafen.“ Diesen Satz fanden die beiden Mädchen so schön, dass sie ihn jedes Mal mit flüsterten.

Wie schön es doch wäre, wenn auch sie jemanden zum Kuscheln hätten. Oft schauten sich die Beiden sehnsüchtig an. Wenn doch nur die Wolken nicht so weit voneinander entfernt wären. Dann würden die Mädchen sogar einen gefährlichen Sprung wagen. So sehr wünschten sie sich jemanden zum Kuscheln herbei.

Eines Tages hielt es eines der Mädchen nicht mehr länger aus. Sie stellte sich an den Rand ihrer Wolke und schaute hinab. Dann schaute sie zur anderen Wolke hinüber. „Was machst du?“ fragte das andere Mädchen erschrocken. „Sieh doch nur. Mein Schatten geht von meiner Wolke bis zu deiner.“ Antwortete das Mädchen am Wolkenrand. „So weit ist es gar nicht.“ Sagte sie weiter. „Ich brauche nur so viel Mut wie die kleine Maus, die über ihren Schatten gesprungen ist.“

„Aber du bist keine Maus! Und außerdem ist das nur eine Geschichte!“ rief das andere Mädchen und flehte sie an, es nicht zu tun. Was würde sie alleine auf den Wolken machen, wenn es nicht klappen sollte? Doch das Mädchen am Wolkenrand schloss die Augen und sprang.

Das andere Mädchen schloss auch ihre Augen. Dann war es still – zu still. Schnell öffnete sie ihre Augen wieder und das Mädchen am anderen Wolkenrand war weg. Das zurückgebliebene Mädchen saß wie eingefroren da und gab keinen Mucks mehr von sich. Nun bin ich alleine, dachte sie, als plötzlich jemand auf ihre Schulter tippte.

Erschrocken drehte sie sich um. Hinter ihr stand das andere Mädchen. Wärme durchflutete ihren Körper. Taumelnd vor Glück fiel sie ihr in die Arme. „Du hast den Sprung geschafft!“ rief sie. Doch das mutige Mädchen, das über ihren Schatten gesprungen war, schüttelte den Kopf: „Nein!“ antwortete sie. „Ich bin heruntergefallen. Aber dann bin ich auf einem Regenbogen gelandet. Als ich sprang, spannte er sich zwischen unseren Wolken. Schau nur!“

Und tatsächlich, beide Wolken waren jetzt durch einen schimmernden Regenbogen verbunden. So konnten die Mädchen mal auf die eine und mal auf die andere Wolke. Das wichtigste aber war, dass sie ab jetzt gemeinsam einschlafen konnten.

Wenn nun der Abend nach einem spielereichen Tag kam, lasen sie gemeinsam eine Geschichte aus ihrem Buch. Dann gaben sie sich gegenseitig einen Kuss auf die Stirn und sagten kichernd: „Jetzt wird aber ganz schnell geschlafen.“ Danach kuschelten sie sich an ihren Teddy und schliefen glücklich ein.

Autor: Jens Pätz

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